Ein nächtlicher Spaziergang durch den Borgo von Castel del Monte im Januar. Das Vorwärtskommen verlangt viel Energie, denn zwei Tage vorher hat der Himmel über einen Meter Schnee auf das Dorf und seine Umgebung im Gran Sasso-Gebirge fallen lassen. Jeder Schritt ist ein Tappen in den unsicheren Untergrund. Gespenstisch ist die Szenerie nicht, merkwürdig allerdings, weil das alte Dorf vollständig beleuchtet ist, auch wenn um diese Jahreszeit nur drei oder vier Häuser bewohnt sind. Treppe für Treppe, Bogen für Bogen, Piazza für Piazza, Gasse für Gasse. Die immer wieder kehrende sakrale Aura eines riesigen Doms, den die dunkle Nacht wie ein Dach abschließt. Nur ganz wenige Wege sind geräumt, es sind einzelne und schmale Schneisen, die zu den im alten Ort ausharrenden Menschen führen. Die Regensburger Malerin Martina Topp fühlt sich an die Bildsymbolik des ›Film noir‹ erinnert. Das trifft es gut, denn die Erkundung des Dorfes hat etwas mit der Betrachtung eines Films gemein. Großes Kino allemal — doch mit sehr langsam wechselnden Bildern.